Schutzfaktoren vs. Risikofaktoren

Veröffentlicht am 04.09.24

Einen friedlichen Schlaf wünschen sich wohl alle Eltern für ihre Babys. Die Angst vor dem Plötzlichen Kindstod schwingt dabei oft mit. © Prostock-studio/shutterstock

Der Plötzliche Kindstod (SIDS) stellt Forschende bis heute vor ungelöste Fragen. Zwar sind einige Risikofaktoren bekannt wie Rauchen oder Bauchlage. Doch dies ist als Erklärung unzureichend, zumal 99 Prozent der Kinder überleben selbst bei Vorliegen dieser Risikofaktoren. So stellt sich die Frage, warum drei Monate alte Babys anfälliger für SIDS sind als drei Wochen alte. Ebenso ist unklar, warum häufiger Jungen den Plötzlichen Kindstod erleiden. Bekannt ist zudem, dass Stillen ein schützender Faktor ist. Wie dieser aber genau wirkt, ist weiterhin unklar. Ein Team um Herbert Renz-Polster hat nun ein neues Erklärungsmodell vorgelegt, das auf der Evolutionstheorie beruht. Dazu analysierten die Forscherinnen* die vorhandene Studienlage auf interdisziplinärer Grundlage. Man kam zu dem Ergebnis, dass bei SIDS offenbar nicht ausreichend Schutzfaktoren aufgebaut werden konnten. Zu Beginn schützen Reflexe die Neugeborenen, etwa bei der Atmung. Diese Reflexe werden in den ersten Lebensmonaten nach und nach ersetzt durch antrainiertes Schutzverhalten, ein Beispiel ist das Saugen an der Mutterbrust. Manchmal kann dieses antrainierte Schutzverhalten nicht ausreichend ausgebildet werden, das könne laut Studienautorinnen* mit Entwicklungsnachteilen zusammenhängen, etwa Rauchen in der Schwangerschaft oder Frühgeburt. Die Forschenden begründen SIDS daher in einem Ungleichgewicht zwischen Schutzfaktoren und Risikofaktoren.

Quelle: https://doi.org/10.1007/s12110-024-09474-6